Plötzlich liegen auf der Visite Röntgenbilder bereit - was sonst nie der Fall ist - wobei die Kollegen sich meist gar nicht zur Visite bemühen, sondern direkt im OP verschwinden, weil für sie geht es ja pünktlich los, die einheimischen Mitarbeiter und deren Patienten, wenn auch dringlicher, müssen warten.
Einige Wochen bevor ich angekommen bin, war wieder ein Orthopäden-Team da, was bereits während meines ersten Einsatzes für ein paar Tage gewirbelt hatte. Damals hat mich das ein oder andere ziemlich verwundert, insbesondere der Umstand, dass ich gut jeden 2. Fall nachoperieren musste, weil irgendetwas nicht wirklich passte.
Es ist nicht einfach hier, die Umstände sind schwieriger, das Umfeld ungewohnt, es wird nicht jeder Fall perfekt, wie übrigens in der Heimat auch nicht unbedingt. Auch ich habe meine Komplikationen, viele weiss ich vielleicht auch gar nicht, habe letzte Woche erst mitbekommen, dass eine meiner Plattenversorgungen nach 3 Monaten einen Plattenbruch erlitten hat. So etwas kann vorkommen, was meiner Meinung nach jedoch zum Lernen animieren sollte, sind beispielhaft nachfolgende Fälle:
Beispiel 1:
Da stimmt was nicht, da muss man kein Fachmann sein... (44 J M) |
Nachgearbeitet |
Die ursprüngliche Platte sitzt "ein wenig" zu tief, die obersten Schrauben reichen gerade mal bis zum Bruch und sitzen im Frakturspalt. Kann ja vielleicht passieren, auch wenn man weiss, dass die Platte eigentlich bis nah ans Gelenk gehört und man das intraoperativ auch ohne Röntgen tasten kann (man wählt dann einfach ein paar Millimeter mehr Sicherheitsabstand, als mit Röntgen, um nicht mit den Schrauben im Gelenk zu landen...). In dieser Art ist mir das glücklicherweise bislang noch nicht passiert, auch könnte man im Zweifelsfall die verbliebene Instabilität intraoperativ realisieren, aber ja, es ist alles schwieriger hier, das ist schon so...
Was mich an diesem Fall jedoch ein wenig verwundert hat ist die Tatsache, dass dieser Patient in Kenntnis dieses Röntgenbildes nach Hause geschickt wurde, ohne nachzubessern.
Beispiel 2:
Bruch Ober- und Unterschenkel: "Floating Knee" (43 J M) |
Das ist hier so, Patient kommt am Wochenende rein, man sieht ihn kurz und trifft Entscheidungen auf Grundlage dessen, was man hat... manchmal eben ungenügenden Röntgenbilder:
Erste Operationen:
Da ist noch ein Bruch ?! Und nein... |
der Patient ist NICHT nochmals gestürtzt! |
Unterhalb der Platte am Schienbeinkopf war noch ein Bruch, gut, das erste Röntgenbild reicht nicht bis dort, aber stellt sich wieder die Frage, ob man diese Instabilität nicht intraoperativ hätte realisieren können, sei es drum.
Beim Einbringen des Oberschenkelnagels hat es den Knochen zersprengt, kann passieren, wiederum die Frage, intraoperative Stabilität nach Versorgungsversuch?!
In diesem Fall wurde entsprechend der postoperativen Röntgenbilder nach 2 Tagen nochmals operiert:
Zweite Operationen:
Längere Platte... unterhalb am Billdrand ist doch noch was?! |
Sieht doch auf den ersten Blick gar nicht schlecht aus. wenn... |
Die Schienbeinplatte wurde verlängert, allerdings ist unterhalb der neuen Platte ein weiterer Bruch (undisloziert).
Der gesprengte Knochen hüftnah wurde entsprechend der Möglichleiten und Materialien vor Ort prinzipiell gut versorgt, unglücklicherweise ragt eine Schenkelhalsschraube bis ins Hüftgelenkt rein und führt so bei Bewegungen zum Knorpelschaden im Hüftgelenk.
Es ist ganz klar das Limit, was hier möglich ist, seitens Lagerung und nichtvorhandener Bildgebungsmöglichkeiten während der Operation sind gerade diese Schrauben für den Schenkelhals sehr schwierig, auch meine sehen manchmal nicht so aus, wie gewünscht...
Verwunderlich nur, auch diesen Patienten so zu entlassen...
Den Unterschenkel habe ich jetzt mit einer zusätzlichen Schiene gestützt und die Schrauben im Schenkelhalsbereich gegen kürzere ausgewechselt.
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