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Video: Orthopedic Surgery at Hôpital Albert Schweitzer Haiti

Freitag, 5. Dezember 2014

Case of the week: ein kleines Wunder

Diesen 52-jährigen Patienten habe ich bereits im Januar operiert. Er wurde mir zwischen zwei Operationen vorgestellt und zeigte damals einen Tumor, welcher bereits die Haut am Oberschenkel ca. 5-Frankenstück-gross durchbrochen hatte. Insgesamt schien gemäss Tastbefund der Tumor mehr als 2 Fäuste meiner Grösse auszumachen und war gemäss Nachfrage innerhalb von 2 Monaten erst gewachsen, das Röntgenbild zeigte keine Knochenbeteiligung. Das heisst alles nichts Gutes, es handelt sich mit diesen Befunden um einen bösartigen Weichteil-Tumor, der wahrscheinlich schon gestreut oder mindestens wichtige lokale Strukturen, wie Nerven- und oder Gefässbahnen befallen haben müsste.

Weitere Diagnostik ist hier nicht möglich, keine Gewebsuntersuchung, keine Schichtbildgebung (MRI oder CT). Da stand der Patient vor der OP-Tür mit einem einheimischen Kollegen, wartende Angehörige schauten interessiert zu, was ich da am Oberschenkel so tastete, und dann innert 5 Minuten mit dem Patienten eine Entscheidung fällte: ich habe ihn aufgeklärt, was ich am ehesten für eine Prognose für ihn sehe und ich mir nicht sicher wäre, ob eine Operation, ggf. Amputation überhaupt noch Sinn machen würde. Er sagte einfach ganz ruhig, sicher und bestimmt: er möchte das weghaben, damit er nochmal mit seinen Kindern spielen könne. Ich meinte nur, o.k., wir versuchen es, es könne aber sein, dass das Bein nach der Operation - in Abhängigkeit der Tumorausdehnung - unbrauchbar wäre.

5-Minuten für so eine Entscheidung, undenkbar, unfassbar und für unsere Verhältnisse auch ggf. unethisch...

Bei der Operation vor 10-Monaten habe ich gemäss Tastbefund mit gefühltem Sicherheitsabstand den Tumor versucht im gesunden Bereich herauszuoperieren (wide resection), die Operation führte mich bis an die grossen Gefäss- und Nervenbahnen, die Streckmuskulatur des Oberschenkels wurde grösstenteils entfernt, aus den Seitenanteilen konnte eine partielle Rekonstruktion erreicht werden.

Ich habe ehrlichgesagt nicht damit gerechnet, dass ich den Patienten nach 10 Monaten nochmals wieder sehen werde und wenn ja, dann nicht in diesem Zustand: bislang kein Lokalrezidiv, keine sonstigen Hinweise auf Streuung, er läuft problemlos und kann mit seinen Kindern Fussball spielen...


 Vorbereitung auf die Operation






















 Tumorentfernung gemäss Tastbefund
 Weite Teile des Oberschenkels entfernt







 Tumor nach Resektion (Pfeil: Hautdurchbruch)
 2-Wochen nach der Operation (Fadenentfernung)
 10-Monate postoperativ: kein Rezidiv?!

 Unglaublich eigentlich...

Intraoperative Bilder: Petra Fischer

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